Da waren sie die beiden Mitte Vordenker der letzten 20 Jahre und trafen einander zum letzten Mal auf der LSE. Tony Giddens legt mit Ende des Studienjahres den Job zurück und war berührt von der Letztmaligkeit. Ulrich Beck hingegen wagte den Blick nach vorne und gab einiges zum Nachdenken auf. Ein paar Highlights:
- Europa ist keine christliche Gemeinschaft (wäre was für Herrn Khol in Wien)
- Ziel muss ein kosmopolitisches Europa sein, so wie es schon in der Antike und in der Aufklärung war
- Kosmopolitisch heisst verwurzelt sein und Flügel haben zugleich.

Das klingt nun alles sehr hochtrabend, aber dass ist genau sein Argument: Wir leben bereits in einem teilweise verwirklichten Europa, aber unsere Vorstellung ist noch nicht soweit. So ist seit den Nürnberger Prozessen durch den Paragraph 6 (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) eine neue, kosmopolitische und von der Nation getrennte Rechtsidee entstanden. Auch leben wir in der Realpolitik nicht mehr in Nationalstaaten, sondern in transnationalen Staaten, die sich bereits von innen heraus manifestieren. Daher gilt es in seinen Augen Staat und Nation zu trennen, sowie nach der französischen Revolution Staat von Kirche getrennt wurde. Damit wird die Nation nicht abgeschafft, genausowenig wie damals die Religion abgeschafft wurde.

Diese Ideen stehen erst am Beginn und müssen verbreitet werden. Denn auch die Feinde eines kosmopolitischen Europas stehen bereit: die VerfechterInnen eines modernen Nationalismus und PostmodernistInnen. Ob sich die Idee eines kosmopolitischen Europas, das firedvolle Lösungen vor kriegerische Auseinadersetzungen stellt, und damit gegen die U.S.A. auftreten kann, hängt davon ab, ob wir uns von der kosmopolitischen Realität Europas oder unserer veralteten Ideen leiten lassen.

Diese Diskussion steht erst am Beginn. Und Grossbritannien (eigentlich nie ein Nationalstaat), Frankreich und Deutschland werden es schwer haben, diese Ideen an ihre BürgerInnen zu verkaufen. Es war aber seit der Osterweiterung der erste sinnvolle Beitrag zu einer positiven Weiterentwicklung der EU. Und ein modernerer als die Idee des Konvents noch dazu. Europa braucht gerade nach der Einführung des Euros und der abgeschlossenen Verhandlungen weitere positive Impulse, um nicht am halben Weg stehen zu bleiben. Ein kosmopolitisches Europa könnte so eine Idee sein, wenn es gelingt, sie auch der Bevölkerung begreifbar zu machen.

Unter der Sonne ist ganz U.K., zumindest 10 Millionen LeserInnen. Heute war der Chefredakteur der Sun zu Gast und hat aus dem Nähkästchen gplaudert. Wüsste nur zu gerne, ob sich das ein Kronenzeitungsredakteur auch trauen würde, schliesslich ist die Krone sowas wie das Pendant dazu. Patriachisch geführt, Marktführer (Sun hat 6 mal soviel A-Schicht Leser wie die Financial Times) und politisch einflussreich.
Der letzte Punkt ist der, wo sie sich auch wieder unterscheiden. Die Sun steht dazu, 1997 von den Tories zu New Labour übergelaufen zu sein. Inklusive Titelblatt am 2. Mai 1997 mit der Schlagzeile "We backed Blair". Und auch heute nahm sich unser Gast kein Blatt vor den Mund und meinte, er persönlich sei gegen eine Invasion im Irak, aber die Sun ist ganz auf der Linie von Tony Blair.
Gut zu wissen ist allerdings, dass zumindest im Zeitungswesen die Dinge besser werden, glaubt er zumindest. Denn so wahrheitsgetreu wie die Sun heutzutage berichtet, hat sie vor f¨nf Jahren nicht müssen. Schadenersatzklagen und Imageverlust und damit weniger Anzeigenvolumen, haben sie auf diesen Weg der Tugend gebracht.
So wird sie also weiterscheinen und die Public Opinion der BritInnen reflektieren (allerdings nicht unbedingt im kritischen Sinne) und deren Herzen zum Schmelzen bringen.