Sekante
Urban Fiction hat gestartet

Gestern abend ging Urban Fiction los. Bevor der feine Prosecco sprudelte, durfte Nigel Thrift ran und erklärte etwas über das Magische an Städten. Das Magische, soweit mir klar wurde, ist, dass alles funktioniert. Und das, obwohl bis zu 10% der arbeitenden Bevölkerung einer Stadt mit nichts anderem beschäftigt ist, als zu reparieren. Spannender waren zwei andere Thesen von ihm, unsere Zukunft betreffend:
- Entwicklungen der Zukunft lassen sich nicht hervorsagen, da sie in hohem Maße zufällig sind,
- Innovationen sind bei ihrem Eintreten in unsere konkrete Lebenssituation eher banal und verlieren ihren SciFi Glitter schon im Laufe des Prozesses.

Natürlich ist das nicht umwerfend, aber empirisch recht gut belegbar. Begründet wird vor allem der zweite Punkt mit der (kulturellen) Relativität unserer Wahrnehmung. Die verändert sich ständig, aber langsam. Dabei kann es dann auch schon sein, dass andere Zivilisationen als die "westliche" nicht in Links und Rechts unterscheiden und wieder andere einiges mehr an Sinneseindrücken wahrnehmen können als unsere 5. Auch haben sich unsere Empfindungen und Wahrnehmungen in Europa gewandelt. So meinte Thrift, dass Rauch früher getrunken wurde, so quasi ohne Flüssigkeit.

Heute stand dann Manfred Faßler mit seinen Thesen von Stadtentwicklung am Programm. Für ihn ist die Stadt historisch aus der "Zivilisierung" der nomadisierenden Menschen entstanden. Es war Speicher für Nahrungsmittel und Wissen. Mit Verweis auf Aristoteles wird die Stadt dann auch nicht nur von Architektur bestimmt, sondern auch von der Sprache. Erweitert um Bildlichkeit und Zahllichkeit, wie immer bei Faßler, denn das erleichtert die Beobachtung urbaner Phänomene erheblich. Auch wenn bei der Entstehung der Öffentlichkeit gerade die verballastige Printmedialität wichtig war.

Doch durch die Entwicklungen der elektrischen Datenübertragung (Stom an, Strom aus) entsteht für ihn schon im 19. Jhd. eine Telepolis durch Medieneskalation in den Städten, die Raum und Zeit im urbanen Kontext vervielfacht. Und damit tritt auch die Öffentlichkeit aus einem geschlossenen, urbanen Kontext heraus und ist zwar an bestimmten Orten, wie Hyde Park Corner, erlebbar, aber doch ohne Heimat, quasi auch depersonalisiert. Die Medieneskalation bringt dann auch die Erweiterung der Medienformate um Bildlichkeit (Fotografie, Film, TV) und um Zahllichkeit (IT) mit sich.Soweit zur historischen Entwicklung der Sprache als Stadtentwicklung.

Politisch bedeutet vor allem die Entstehung der Öffentlichkeit für die Stadt ein neues und bürgerliches Machtdispositiv. Ende Faßler. Ob sich damit auch sein Argument begründen lässt, dass sich die bürgerliche Elite deshalb auch so stark gegen die Bildlichkeit und Zahllichkeit wehrt, weil es Macht verlust bedeuten würde, muss ich noch herausfinden.

Zweiter Vortrag heute war von Michael Shamiyeh, der seine These zur Rolle der ArchitektInnen bei der Entwicklung des Stadtbilds vortrug. Seiner Einschätzung nach, ist es die Öffentlichkeit, die Stadtbild prägt. Weder die Utopien der StädteplannerInnen noch die Politik konnten und können sich gegen Markt einerseits und öffentlichen Druck andererseits hinwegsetzen. Ein Umstand, der Seitens der Architektur dadurch verstärkt wird, da ArchitektInnen sich nicht auf ihre Rolle als KünstlerInnen oder als WissenschaftlerInnen festlegen wollen. Seine Ausführungen wurden illustriert von Disneyland bei Annenheim in CA und dem PR Feldzug von Daniel Libeskind für sein Ground Zero Projekt. Ein Affront an einen Anwesenden Mediengestalter war Shamiyehs Reaktion auf eine Frage aus dem Publikum, als er meinte, wenn Architekten nur behübschen wollen, dann sollen sie lieber gleich Designer werden.

Zum Abrunden gab es dann noch Flatz.

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