War eine lange Pause, die mir da passiert ist. Einige Vorlesungen werden da nachzutragen sein. Heute waren aber Shoshane Zuboff und James Maxmin zu Gast, um ihr neues Buch, The Support Economy, zu bewerben. Solange die Erinnerung noch frisch ist, laesst sich dazu leicht was schreiben.

Die These der beiden ist, dass es einen immer groesser werdenden Spalt zwischen Firmen und KonsumentInnen gibt. Waehrend Unternehmen noch immer auf Massenkonsum ausgerichtet sind, ist der Individualitaetsdrang unserer Gesellschaft unuebersehbar. Die Frage nach dem 'who am I?' ist lebensbestimmend geworden. Allerdings kann der Management Kapitalismus da nicht mit. Heute wollen KonsumentInnen als Individuen behandelt werden, was in der Industrie nicht moeglich ist. Alle bisherigen Versuche, wie quality engineering und mass costumization haben nur Symptome bekaempft und nicht das System. Daher sind alle diese 'einfachen' Rezepte gescheitert und fuehrten wieder nur zu Methoden zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung.

Der Loesungsvorschlag der AutorInnen ist die Support Economy. Basierend auf Ulrich Becks These zum Willen nach Selbstbestimmung und Ronald Ingleharts Ueberlegungen zum Wertewandel in der westlichen Gesellschaft ist die Nachfrage von den KonsumentInnen, ihre desire line, auf eine individualzentrierte Sicht ausgerichtet. Das Unternehmen muss einiges an Verantwortung an die Kunden abgeben. Diese sind, laut Zuboff und Maxmin, bereit dafuer aufzukommen.

Der Mensch in den Mittelpunkt, so neu ist dieses Motto nicht. Aber selten war es so naiv ausgedrueckt. Angeblich vertrauen immer weniger Menschen grossen Firmen und das Wirtschaftswachstum hat sich deutlich verlangsamt. Aber von einem Zerfall der Grosskonzerne ist nichts zu spueren. Faelle wie Enron, Worldcom, etc. sind zwar spektakulaer, aendern aber an der Tendenz nichts, dass Kapitalismus zu Monopolen fuehrt, auch in einer individualisierten Gesellschaft. Sicher, es werden weiterhin neue Dienstleistungssparten entstehen und mit einiger Eigeninitiative wird hier auch ein Arbeitsmarkt ausserhalb der Grosskonzerne moeglich sein. Aber die Hoffnung, dass dadurch eine Machtverschiebung entsteht ist meiner Meinung nach eine Illusion. Selbst wenn grosse Konzerne nicht mehr besondere Innovatoren sind, haben sie durch ihre Kapitalmacht die Moeglichkeit, immer am neuesten Stand der Entwicklungen zu bleiben. Und wenn wir wirklich in einer Support Economy ankommen, dann werden die Konzerne schon rechtzeitig dafuer Sorge tragen, dass wir 'unterstuetzt' werden.

Angeblich ist das letzte Drittel des Buchs, jenes mit den Loesungen und Ausblicken, mit Personas-Szenario illustriert. Gut fuer mich, schliesslich ist es auch eines meiner liebsten Verfahren. Letztenendlich gebe ich den AutorInnen recht, dass der Mensch, das Individuum, ins Zentrum des Interesses rueckt, aber eine wirtschaftliche Machtverschiebung ist trotzdem sehr unwahrscheinlich.